Kurz zum Geleit
Anhänger der Lehren des Marquis de Sade, Ihr seid hier falsch! Denn die ganze Welt hat sehnsüchtig darauf gewartet, dass sich noch einer öffentlich in die Gefilde der wirklich bewegenden SM, der Social Media begibt. In diesem Sinne...

Samstag, 20. Juli 2013

Europagericht rettet Fußballwelt vor Fußballvegetariern: But for how long?

Der Europäische Gerichtshof sieht den Kampf ums runde Leder quasi als Menschenrecht und verhindert, dass FIFA, UEFA, DFB und die ganzen vermeintlichen Bösewichte Spiele von gesellschaftlicher Bedeutung ins Pay-TV verschachern. “Harte Zeiten für Vermarkter” orakelt die Süddeutsche Zeitung darauf, wohl mit sorgenvollem Blick auf die Günther Netzers dieser Welt, die in Zukunft zusätzliche Millionen woanders generieren müssen. “In Deutschland ändert sich vorerst nicht”, schlussfolgert man beruhigt. Ist das beruhigend?

Bastion des Widerstands und der Unvernunft

In den Netz-Foren, wie z.B. bei der ZEIT, geht es dagegen politisch hoch her. “Sport ersetzt Widerstand”, klärt einer unter Pseudonym auf: “Brot und Spiele für das bekloppte Volk.” Ein weiterer sieht im Spiel eine der letzten “Bastionen gegen den Rationalismus in der Welt. Fußball ist bedeutsam, vielleicht mehr als die Tagesschau”. Das zergeht auf der Zunge. Gesellschaftliche Bedeutung hänge davon hab, was Medien als solche defininieren, weiß ein dritter skeptischer Zeitgenosse: “Vermutlich auch davon, wo Doping thematisiert wird und wo es einfach ignoriert wird – siehe Fußball.” Beim Magazin für Fußballkultur “Elf Freunde” indes verzeichnet der Artikel “Niederlage für Fifa und UEFA vor EuGH” sage und schreibe 0 Kommentare.

Die Luft ist raus. Manch einer ist kurz davor auch noch die Lust auf Fleisch zu verlieren.
 Foto: Kurt Michel/ pixelio.de

Dschungel-Grünschnitt und Euro-Retter 

Bei Bild.de kocht man andere Süppchen in Sachen Fußball. Die Winter-WM in Katar und die Quali-Spiele von Jogis Jungs bei RTL sind dort Thema. Keine Spur vom Urteil des Europäischen Gerichtshof: “Wird Fußball jetzt zum Dschungelcamp?” Naja, dagegen werden immerhin die Platzwarte etwas Grünschnitt haben. Springer-Exegeten scheinen aber immer die Kurve zu kriegen: “ARD und ZDF leisten sich die teuren Sportveranstaltungen nicht mehr – die GEZ-Gebühren gehen direkt nach Griechenland und Zypern”, kommentiert dort eine Dame. Aha.

Apropos Frauenfußball. Da war ja was, richtig: EM in Schweden. Um dem ganzen Ärger zu entkommen und politische Korrektheit zu transportieren, wäre Frauenfußball der Ausweg. Die vehemente Bedeutung des Herrengekickes lässt sich nämlich tatsächlich anhand der Medienrezeption festmachen. Und ob die nun Schuld ist oder die Leser, die das wollen, ist die Frage danach, ob Huhn oder Ei zuerst war. Die Frauen sind – sorry – noch richtige Sportsmänner: Da geht es nicht um Millionen, um Fernseh- und Werbeverträge. Es regiert der Ball und die Stafetten. Und die sind längst auch sehenswert.

Fußball-Vegetarier dieser Welt: Ich beneide Euch

Was folgt, tut mir aber aufrichtig leid: Ich vergleiche Frauenfußball jetzt mutwillig mit überzeugtem politischen Vegetarismus. Es gibt mittlerweile so viele leckere rein vegetarische Gerichte, vom Tofu in sämtlichen Variationen über herrliche Falafel-Mischungen bis hin zu im Wok gebrutzelten Gemüsepfannen. Da läuft einem das Wasser im Mund zusammen. Doch lockt ein Schweinesteak vom Grill oder ein zartrosa Entrecote, was soll ich sagen, ich greife zu. Und dann sehe ich wieder die Reportagen von Massentierhaltung, Antibiotikamissbrauch in der Haltung und Morden nur für die Mülltonne – damit wir auch um 22 Uhr im Regal noch die Fleischeslust befriedigen können. Die Parallelen zur dunklen (Herren-) Fußballwelt sind offensichtlich. Aber ich bin noch nicht so weit, sorry.

Andere offensichtlich auch noch nicht: Der DFB-Präsident Wolfgang Niersbach will ernsthaft nach Schweden, um sich das Viertelfinale anzuschauen. Bei den Herren der Schöpfung quartiert der sich doch schon Wochen vor dem Turnier im Mannschaftshotel mit ein oder irre ich mich da? Mit meiner Gier nach Fleisch und Männerfußball trage ich – Stichworte: Sojafuttermittel-Anbau und Stadionbau – zu Unruhen beim kommenden WM-Gastgeber bei. Ich will entsagen. Liebe Damen, ich bin noch nicht soweit. Aber es brodelt in mir.

The World is safe now. But for how long?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen